Die Akkord-Formel: Welche Akkorde in jeder Tonleiter vorkommen

Ein einfaches Schema, das dir beim Raushören, Komponieren und Improvisieren hilft

In den letzten Videos zum Thema Lieder schreiben und Lieder raushören haben wir eine bestimmte Struktur verwendet. Diese Struktur – eigentlich nur ein kleiner Wissensfetzen, eine Formel – macht dir ganz vieles in der Musik leichter.

Es geht darum zu wissen: Welche Töne in einer Tonleiter werden zu welchen Akkorden?

Konkret: Welche Töne werden zu Dur-Akkorden, welche zu Moll-Akkorden, welche zu verminderten Akkorden – wenn man diese Tonleiter in einem Lied benutzt?

Meine persönliche Geschichte damit

Als ich ungefähr in der 11. Klasse war und schon einiges an Musik gespielt hatte – ich habe so meine Lieder auf der Gitarre geschrammelt – hatten wir im Musikkurs ein Thema: die Stufentheorie.

Es ging darum:

  • Welche Abstände in einer Tonleiter vorherrschen
  • Welche Akkorde vor allem immer in einer Dur-Tonleiter vorkommen
  • Welche Akkorde immer in einer Moll-Tonleiter vorkommen

Denn nicht nur die Verhältnisse zwischen den Tönen sind immer gleich, nicht nur die Abstände – auch die Akkord-Struktur ist immer gleich. Das war für mich eine bahnbrechende Erkenntnis.

Kurze Wiederholung: Die Dur-Tonleiter

In einer Dur-Tonleiter haben wir einen Grundton. Die Verhältnisse der Töne sind bei jeder Dur-Tonleiter gleich:

2 - 2 - 1 - 2 - 2 - 2 - 1

Die Akkord-Struktur der Dur-Tonleiter

Die Struktur einer Dur-Tonleiter ist auch im Bezug auf die Akkorde immer gleich – nicht nur in Bezug auf die Töne.

Das Schema für Dur-Tonleitern:

1. Ton (Grundton)Dur-Akkord
2. Ton
Moll-Akkord
3. Ton
Moll-Akkord
4. Ton
Dur-Akkord
5. Ton
Dur-Akkord
6. Ton
Moll-Akkord
7. Ton
verminderter Akkord
8. Ton
Dur-Akkord (ist wieder der erste, eine Oktave höher)

Das heißt: In jeder Dur-Tonleiter haben wir immer:

  • Drei Dur-Akkorde (auf den Stufen 1, 4, 5)
  • Drei Moll-Akkorde (auf den Stufen 2, 3, 6)
  • Einen verminderten Akkord (auf der Stufe 7)

Konkretes Beispiel: G-Dur

Nehmen wir die G-Dur-Tonleiter. Die Töne sind: G - A - B (H)- C - D - E - F# (Fis)- G

Die Akkorde, die daraus entstehen:

  1. GG-Dur
  2. AA-Moll
  3. B (H)B-Moll
  4. CC-Dur
  5. DD-Dur
  6. EE-Moll
  7. **F# (Fis) → *F# vermindert*
  8. GG-Dur (wieder der Grundton)

Noch ein Beispiel: C-Dur

Bei C-Dur wären die Töne: C - D - E - F - G - A - B (H) - C

Die Akkorde:

  1. CC-Dur
  2. DD-Moll
  3. EE-Moll
  4. FF-Dur
  5. GG-Dur
  6. AA-Moll
  7. B (H)B vermindert
  8. CC-Dur

Siehst du das Muster? Die Töne sind anders, aber die Akkord-Reihenfolge, die Akkord-Strukturen sind immer die gleichen.

Warum ist das so nützlich?

Das ist das Schöne: Wenn du das verstanden hast und weißt, dass Dur-Tonleitern in sehr vielen Liedern vorkommen, dann weißt du jetzt eigentlich schon:

„Aha, diese sechs bis sieben Akkorde sind wahrscheinlich irgendwo in diesem Lied."

Damit hast du einen viel schnelleren Zugang zu den Akkorden, die möglicherweise in den meisten Liedern vorkommen.

Beim Lieder schreiben

Falls du die anderen Videos gesehen hast: Wir haben genau das im Lieder-Schreiben-Video benutzt. Wir haben gesagt:

  • Wir nutzen eine G-Dur-Tonleiter
  • Wir haben daraus Akkorde gewählt
  • Wir haben genau diese Akkorde benutzt

Beim Lieder raushören

Wir haben es auch im Lieder-Raushören-Video benutzt:

  • Wir haben rausgehört: Was ist der Grundton? Der Startton?
  • Vom Grundton aus haben wir gesagt: „Okay, das ist eine Dur-Tonleiter"
  • Dementsprechend müssten diese Akkorde darin vorkommen
  • Dann haben wir nur noch getestet, welche davon wirklich vorkommen

Du hörst es dann einfach testweise ab:

  • „Ich habe einen G-Dur-Akkord… Was könnte noch vorkommen?"
  • „A-Moll? Nee, der ist es nicht."
  • „B-Moll? Ja, der passt!"

Du testest die Akkorde durch, von denen du weißt, dass sie vorkommen könnten.

Die Akkord-Formel für Moll-Tonleitern

Die gleiche Formel – oder eine gleichartige Art von Formel – gibt es auch für Moll-Tonleitern.

Das heißt: Auch da haben wir immer an derselben Stelle im Schema die gleiche Art von Akkord.

Das Schema für Moll-Tonleitern:

1. Ton (Grundton)Moll-Akkord
2. Ton
verminderter Akkord
3. Ton
Dur-Akkord
4. Ton
Moll-Akkord
5. Ton
Moll-Akkord
6. Ton
Dur-Akkord
7. Ton
Dur-Akkord
8. Ton
Moll-Akkord (wieder der erste, eine Oktave höher)

Konkretes Beispiel: G-Moll

Nehmen wir die G-Moll-Tonleiter. Die Töne klingen so: [G-Moll-Tonleiter]

Die Akkorde, die daraus entstehen:

  1. GG-Moll
  2. AA vermindert
  3. BbBb-Dur
  4. CC-Moll
  5. DD-Moll
  6. EbEb-Dur
  7. FF-Dur
  8. GG-Moll (wieder der Grundton)

Wie du das praktisch anwendest

Wenn wir ein Lied haben, bei dem wir merken: „Ah, hier ist G-Moll die Tonleiter", dann wissen wir anhand dieses Schemas, welche Akkorde darin vorkommen können.

Die Schritte:

  1. Finde den Grundton (durch Ausprobieren oder Hören)
  2. Entscheide: Dur oder Moll? (Dur klingt hell/fröhlich, Moll klingt dunkel/melancholisch)
  3. Wende das passende Schema an (Dur-Schema oder Moll-Schema)
  4. Du kennst jetzt alle möglichen Akkorde in diesem Lied
  5. Teste sie durch und höre, welche tatsächlich vorkommen

Ein kleiner Hinweis zu den 12 Tönen

Das alles herauszufinden ist übrigens überhaupt kein Ding, wenn du die zwölf Töne kennst, die es auf jedem westlichen Instrument gibt.

Diese 12 Töne und Namen – das sind immer die gleichen zwölf Notennamen. Wenn du die kennst, kannst du relativ leicht herausfinden:

  • Hier ist auf meinem Instrument ein G. Wenn ich also bei G anfange und zwei Schritte weitergehe → das ist A
  • Dann wieder zwei weiter → das ist B (H)
  • Und so weiter

Das ist keine Kunst mehr. Aber das ist Thema für ein anderes Video, in dem wir uns genau mit diesen Noten auseinandersetzen werden.

Zusammenfassung

Dur-Tonleiter:

  • 1. Ton → Dur
  • 2. Ton → Moll
  • 3. Ton → Moll
  • 4. Ton → Dur
  • 5. Ton → Dur
  • 6. Ton → Moll
  • 7. Ton → vermindert

Moll-Tonleiter:

  • 1. Ton → Moll
  • 2. Ton → vermindert
  • 3. Ton → Dur
  • 4. Ton → Moll
  • 5. Ton → Moll
  • 6. Ton → Dur
  • 7. Ton → Dur

Muss man das auswendig lernen?

Muss man nicht unbedingt. Aber es hilft. Es hilft sehr.

Wenn du diese Formeln kennst, hast du:

  • Beim Raushören von Liedern einen riesigen Vorsprung
  • Beim Komponieren eine klare Struktur
  • Beim Improvisieren einen sicheren Rahmen
  • Ein tieferes Verständnis davon, wie Musik funktioniert

Viel Spaß damit!